Heimliche Aufnahme ohne Wissen und Zustimmung?

Ob tatsächlich Persönlichkeitsrechte verletzt wurden, muss im Einzelfall geprüft werden. Nachstehend finden Sie einige nützliche Hinweise dazu. Lesen Sie dazu auch meinen im Jänner 2020 erschienenen Beitrag zum Artikel „Verbotene Einblicke“ in der Zeitschrift die Woche.

Eingriff in Persönlichkeitsrechte vs. Verfolgung eines berechtigten Interesses

Grundsätzlich gibt es in der österreichischen Rechtsordnung ein Recht am eigenen Bild – dazu zählen nicht nur Fotos, sondern auch bewegte Bilder, also Videoaufnahmen. Dieses Recht gehört zum Bereich der allgemeinen Persönlichkeitsrechte eines Menschen.

Nach der Rechtsprechung (vgl. 6 Ob 256/12h) kann schon die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. Es kommt dabei auch nicht darauf an, das Bild bzw. Video zu veröffentlichen (zB. Facebook oder YouTube). Auch ohne diese Verbreitungsabsicht kann die Aufnahme einer anderen Person einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen (z.B. zur eigenen Belustigung).

Auch die Tonbandaufnahme einer Besprechung ohne Zustimmung des Gesprächspartners ist grundsätzlich rechtswidrig (vgl RS0031784 [T1]; 6 Ob 82/18d). In manchen Einzelfällen (sh unten), etwa zur Beweissicherung, kann die Aufnahme ausnahmsweise gerechtfertigt sein.

Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. ACHTUNG: auch Überwachungen zur Aufdeckung eines ehestörenden Verhaltens sind nur ausnahmsweise gerechtfertigt. Es darf in diesem Zusammenhang keine andere Möglichkeit – etwa auch nicht durch Beiziehung eines Detektiven – geben, um den Beweis zu erlangen. Auch systematische Tonaufnahmen ehelicher Streitgespräche mit dem Handy können unzulässig sein.

Fazit: Schutzgegenstand des Rechts am eigenen Bild und des Rechts am eigenen Wort sind die Privatheit der Person und ihrer nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Äußerungen. Es geht um die schützenswerte objektivierte Erwartung des Betroffenen, das Ausmaß des eigenen Handelns und Kommunizierens in der der „Öffentlichkeit“ grundsätzlich selbst bestimmen zu können (vgl. 6Ob236/19b).

Auf der anderen Seite kann ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des anderen (Recht am eigenen Bild, Recht am eigenen Wort, Recht auf Privatsphäre, Recht auf Geheimhaltung, etc.) im Einzelfall zur Verfolgung eines berechtigten Interesses gerechtfertigt sein. Diese beiden Interessen sind einander gegenüberzustellen und es ist abzuwägen, welches Interesse stärker wiegt. Hier bedarf es jeweils Argumentationsgeschick, weshalb die Aufnahme

  • gerechtfertigt war (welches Gegeninteresse liegt vor?)
  • der einzig mögliche bzw. sinnvolle Weg war einen sicheren Beweis zu erbringen (bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs).

ACHTUNG: in vielen Ehe-/Beziehungsauseinandersetzungen ist die Beobachtung durch einen Detektiv eher gerechtfertigt, als eine Überwachung via Kamera oder heimliche Tonaufnahmen. Hier kommt es jedoch im Einzelfall auf die Beweisschwierigkeit und die Intensität der Überwachung an.

Was ist privat?

Die Privatsphäre, genannt auch „der höchstpersönliche Lebensbereich“ umfasst in seinem Kern jedenfalls die Gesundheit, das Sexualleben und das Leben in und mit der Familie (RS0122148). Das Privatleben umfasst darüber hinaus auch die sogenannte „Privatöffentlichkeit“. Gemeint ist damit privates Handeln in öffentlichen Räumen, das aber doch in abgegrenzten Bereichen stattfindet, die eine gewisse Vertraulichkeit vermitteln und die nicht für die Anteilnahme einer unbegrenzten Öffentlichkeit bestimmt sind (RS0122148 [T4]) – z.B. ein Café-Besuch zu Zweit.

  • Einzelfälle
  • Wenn man jemanden in der Öffentlichkeit zum Spaß aufnimmt, um sich über sein Verhalten (Ärger, Tollpatschigkeit, andere Verhaltensweisen) lustig zu machen, liegt eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten vor, weil das Recht am eigenen Bild stärker wiegt, als das Interesse an der Belustigung (vgl. RS0123001). ACHTUNG bei der Erstellung von Memes und GiFs!
  • Das Filmen einer Amtshandlung (Exekution; vgl. OGH 6Ob6/19d) zum Zweck der Beweissicherung ist nicht rechtswidrig und damit zulässig. Das anschließende Veröffentlichen des Videos auf YouTube ist unzulässig – es sei denn, es liegt ein über den Einzelfall hinausgehendes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit vor (drohende Überschreitung der Befugnisse im Rahmen einer Amtshandlung).
  • Medien dürfen Informationen, die sie unter Verletzung von Verschwiegenheitspflichten durch Dritte erhalten haben, veröffentlichen. Es besteht hier kein „Verwertungsverbot“ für rechtswidrig erlangte Informationen. Allerdings: wer eine Aufnahme auf verpönte Art erlangt (Ibiza-Video; durch das Vorspiegeln falscher Identität und Absicht) greift in Persönlichkeitsrechte ein. Der Unterschied im Ibiza-Fall ist: die Herstellung war unzulässig, die Verbreitung durch Medien war zulässig (vgl. 6 Ob 236/19b)
  • Die Tonbandaufnahme einer geschäftlichen Besprechung unter vier Augen ohne Zustimmung des Gesprächspartners ist rechtswidrig (RS0031784).
  • Das Filmen per Überwachungskamera von Zugangswegen zu fremden Grundstücken ist unzulässig (vgl. 6 Ob 150/19f).
  • Die Übermittlung von Chatprotokollen und E-Mail zu Beweiszwecken (hier im Rahmen eines Obsorgeverfahrens, vgl. 6 Ob 131/18k) ist auch dann zulässig, wenn diese Angaben zu Gesundheit, Sexualleben, Empfängnisverhütung, Gefühlswelt, Eheprobleme, Paartherapie, Psychotherapie, Krankheiten und Schilderungen über Kindheit und Jugendzeit enthalten.

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