Insolvenzrecht
- Gläubiger – ich bin als Gläubiger von einer Insolvenz betroffen
Wie erfahren Gläubiger von einer Insolvenz?
In den meisten Fällen ist man mit einem Insolvenzverfahren eines Kunden oder Geschäftspartners konfrontiert, wenn die eigene Rechnung nicht bezahlt wird. Lesen Sie dazu auch [Link Fakturenklage]
Wenn nach mehreren Versuchen mit Zahlungserinnerungen oder Mahnungen keine Reaktion des Kunden bzw. Geschäftspartners erfolgt, sollte man als Unternehmer oder Privatperson die Möglichkeit der öffentlichen Einsicht in die Insolvenzdatei nutzen. Die sogenannte Ediktsdatei ist online frei zugänglich und wird vom Bundesministerium für Justiz geführt. Diese Datei liefert zuverlässige Informationen, ob über das Vermögen der gesuchten Person aktuell ein Insolvenzverfahren anhängig ist. Weiters kann man sich hier erste Informationen zum Verfahrenstand, den einzuhaltenden Fristen und einer möglichen Quotenausschüttung einholen.
In den meisten Fällen, insbesondere bei höheren Forderungen, wird es sinnvoll sein, sich anwaltlich beraten zu lassen.
Wie melde ich eine Forderung im Insolvenzverfahren an?
Besteht zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine offene Forderung gegen den Schuldner, so kann man die sogenannte Insolvenzforderung samt allfälliger Zinsansprüche im Insolvenzverfahren anmelden (Zinsen nur bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens).
Die Forderungsanmeldung unterliegt keiner bestimmten Form und ist schriftlich unter Angabe des Aktenzeichens beim zuständigen Insolvenzgericht einzubringen. Diese Daten sind ebenfalls in der Insolvenzdatei ersichtlich. Es sollten auch entsprechende Nachweise zum Rechtsgrund der Forderung beigelegt werden (Kopien Vertragsunterlagen, Zahlungsbelege, Lieferscheine etc.). Bei der Forderungsanmeldung fällt eine geringfügige Gerichtsgebühr von derzeit
€ 23,00 an. Im Insolvenzverfahren besteht keine Pflicht sich anwaltlich vertreten zu lassen, dennoch ist es in komplexen oder unklaren Angelegenheiten sinnvoll sich anwaltlich beraten zu lassen.
Von den Insolvenzforderungen zu unterscheiden sind die Masseforderungen. Masseforderungen sind jene Forderungen, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen (z.B. Forderungen aus bestimmten Dauerschuldverhältnissen, Arbeitnehmerforderungen, Kosten des Insolvenzverfahrens). Masseforderungen sind nicht gesondert anzumelden, sondern sind entweder vom bestellten Masseverwalter oder – wenn das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung des Schuldners geführt wird – von diesem zu berichtigen, also von der noch vorhandenen Vermögensmasse zu bezahlen. Masseforderungen genießen Vorrang vor Insolvenzforderungen.
Was kann ein Rechtsanwalt für Sie im Rahmen eines Erstgespräches tun?
- zunächst benötigt der Rechtsanwalt den Namen Ihres insolventen Kunden oder Geschäftspartners, um sich ebenfalls durch Nachschau in der Ediktsdatei einen Überblick über das Verfahren zu verschaffen. Die dort verwendeten Begriffe und Termine werden dem Anwalt mehr sagen, als juristischen Laien und er kann diese mit Ihnen besprechen.
- Weiters wird mit Ihnen die Qualität Ihrer Forderung (z.B. Dauer-/Zielschuldverhältnis, Fälligkeit) besprochen und ob ihre Forderung gegen den Kunden durch Eigentumsvorbehalte oder Pfandrechte besichert ist.
- Der Rechtsanwalt erörtert mit Ihnen Ihre Möglichkeiten in einem Insolvenzverfahren anhand der vorliegenden Informationen aus der Ediktsdatei sowie Ihren Angaben und Unterlagen. Es werden dabei auch der zu erwartende Ausgang des Verfahrens bzw. für Sie anfallenden Kosten der Beauftragung besprochen. In manchen Fällen bedarf es bei der Einschätzung der Chancen und Risiken noch zusätzlicher Recherchearbeit (zB. in Anlegerangelegenheiten).
- Sie haben letztlich die Möglichkeit einzuschätzen, ob Sie sich als geschädigter Gläubiger dem Insolvenzverfahren mit einer Forderungsanmeldung anschließen möchten oder ob das aus wirtschaftlichen Erwägungen keine Option ist.
Sonderrechte: Aus- und Absonderungsansprüche
Primäres Ziel eines Insolvenzverfahrens ist es die vorhandene Vermögensmasse des Schuldners im Verhältnis zur Gläubigerschuld gleichmäßig zu verteilen, sodass jeder Gläubiger eine bestimmte Quote erhält. In den meisten Fällen – sofern kein Sanierungsverfahren eingeleitet wurde – wird dazu das gesamte, der Exekution unterworfene, Vermögen des Schuldners verwertet. Es ist daher wesentlich festzustellen, welche Vermögenswerte in die Insolvenzmasse fallen.
Nun kann es sein, dass sich Gegenstände im Besitz des Schuldners befinden, die jedoch nicht ihm, sondern einer dritten Person gehören (z.B. Warenlieferung mit Eigentumsvorbehalt, Leihe, Treugelder auf einem separaten Treuhandkonto). Der wahre Eigentümer hat gegenüber dem Schuldner einen Aussonderungsanspruch und kann bei Insolvenz seines Geschäftspartners die Herausgabe (Aussonderung) der ihm gehörenden Gegenstände verlangen, sodass es zu keiner Verwertung dieser Gegenstände im Insolvenzverfahren kommt.
Es kann jedoch auch sein, dass der Schuldner seinem Geschäftspartner eine Sicherheit, für die ihm gegenüber bestehende Forderung eingeräumt hat (Pfandrecht an bestimmten Gegenständen, Verpfändung von Geschäftsanteilen, Zurückbehaltungsrechte, Hypothek). Wurde eine solche Sicherheit wirksam eingeräumt, so stehen dem Gläubiger Absonderungsansprüche zu. In diesem Fall wird zwar der jeweilige Gegenstand verwertet, jedoch erhält der Absonderungsberechtigte aus dem Erlös der Sicherheit nicht nur die Quote, sondern die volle Forderung (sofern diese durch die Sicherheit gedeckt ist).
Da sich in der Praxis häufig die Schwierigkeit stellt, den Nachweis für bestehende Aus- bzw. Absonderungsansprüche zu erbrinden, ist es ratsam sich hier von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Wenn Sie weitere Fragen zu Ihren Gläubigerrechten im Insolvenzverfahren haben, vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch. Schreiben Sie ein E-Mail an office@kanzlei-rauf.at oder rufen Sie mich einfach direkt unter +664 9255245 an. Sie können natürlich auch das Kontaktformular auf meiner Website nutzen.
- Schuldner – ich bin als Schuldner von einer Insolvenz betroffen
Was tun, wenn ich Insolvenz anmelden muss?
Wenn man objektiv nicht in der Lage ist, sämtliche fällige Schulden zu bezahlen oder auch nicht in der Lage ist, die dafür erforderlichen Zahlungsmittel alsbald zu beschaffen, ist man zahlungsunfähig und insolvenzreif.
Bei Unternehmen (juristischen Personen, keine Einzelunternehmer) reicht für die Anmeldung der Insolvenz auch bereits eine bestehende Überschuldung des Unternehmens aus. Die Überschuldung ist anhand einer Fortbestandsprognose festzustellen.
Kommt man zu dem Schluss, dass man als Privatperson oder Unternehmer zahlungsunfähig ist oder als Unternehmen überschuldet, ist vom Schuldner ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht zu stellen. Für Privatpersonen ist dies das Bezirksgericht des Wohnsitzes, für Unternehmer/Unternehmen das Landesgericht des Sitzes des Unternehmens (in Wien das eigens zuständige Handelsgericht Wien).
Bei der Art und dem Umfang der Antragstellung gibt es viele Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Eine anwaltliche Beratung ist in den meisten Fällen unerlässlich. Für Privatpersonen steht darüber hinaus die kostenlose Beratungsstelle der Schuldnerberatung Wien zur Verfügung. Wichtig ist in jedem Fall sich einen Überblick über seine Schulden und sein Vermögen zu machen.
Was passiert, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde
- Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird umgehend öffentlich in der Insolvenzdatei im Internet unter edikte.justiz.gv.at bekannt gemacht.
- Das Vermögen des Schuldners ist ab diesem Zeitpunkt seiner Verfügung entzogen.
- Es kommt zur Kontosperre durch die Bank.
- Es kommt zur Postsperre, sodass die Post nicht mehr selbst vom Schuldner entgegengenommen wird, sondern an den Insolvenzverwalter weitergeleitet wird (außer bei Eigenverwaltung)
- Der Zinslauf bei bestehenden Forderungen wird gestoppt.
- Bestehende Prozesse, die das Vermögen des Schuldners betreffen, und Exekutionsverfahren werden unterbrochen.
- Es wird über die Bestellung eines Insolvenzverwalters entschieden.
- Die Vermögensverwertung wird eingeleitet. Wird ein Zahlungsplan angeboten, so kann über diesen erst nach vollständiger Vermögensverwertung abgestimmt werden.
Insolvenz – was darf ich behalten?
Grundsätzlich steht im Falle der Insolvenz die Verwertung des gesamten, der Exekution unterworfenen, Vermögens des Schuldners im Raum. Lediglich im Falle eines Sanierungsverfahrens (hier ist die Zahlung einer Mindestquote von 20% der Gesamtforderungen erforderlich) kommt es zu keiner Vermögensverwertung. Bei der Privatinsolvenz oder im sogenannten Konkursverfahren eines Unternehmens kommt es jedoch zur Vermögensverwertung.
Davon betroffen sind häufig: Kontovermögen, Barvermögen, Wertpapiere, Versicherungen mit Rückkaufswert, PKW, Liegenschaften, Warenlager, offene Forderungen gegenüber Dritten, Büromöbel, sonstige Wertgegenstände.
Der Schuldner darf sich von seinem Lohn soviel einbehalten soweit es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und seine Familie unerlässlich ist. In den meisten Fällen orientiert sich dieser Betrag am aktuell bestehenden Existenzminimum und wird mit dem Gericht bzw. dem Insolvenzverwalter erörtert.
Dem Schuldner sind auch die unentbehrlichen Wohnräume für ihn und für die im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen zu überlassen. Über den Umfang dieser Räume entscheidet das Gericht.
Vermögensgegenstände, die aufgrund ihres Alters oder aus anderen Gründen keinen nennenswerten Erlös versprechen, können dem Schuldner überlassen werden. Hier fällt das Gericht eine Entscheidung mit Beschluss.
Wenn Sie von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens betroffen sind, vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch. Schreiben Sie ein E-Mail an office@kanzlei-rauf.at oder rufen Sie mich einfach direkt unter +664 9255245 an. Sie können natürlich auch das Kontaktformular auf meiner Website nutzen.
Nützlicher Tipp aus der Rechtsprechung:
Im Zweifel ist auch zwischen Unternehmern der vereinbarte Preis als BRUTTO Preis zu betrachten und die entsprechende MwSt abzuführen (Ris-Justiz, RS0037916). Man sollte daher darauf achten NETTO Preise deutlich als solche auszuweisen.